Ja, die Frage kommt immer mal wieder und die Antwort ist in all den Jahren immer die gleiche geblieben: Nein, ich biete kein Karate an. Aber du kannst gern zu einem Ving Tsun Probetraining
vorbeikommen ;)
Blick über den Tellerrand
Seit mehr als 20 Jahren praktiziere ich nun diese einzigartige Kampfkunst und seit über 15 Jahren unterrichte ich sie auch. Mir ist es wichtig, meinen Schülern regelmäßig den Blick über den Tellerrand zu ermöglichen, weswegen ich regelmäßig zu stilfremden Seminaren fahre oder Lehrer anderer Kampfkünste in meine Schule einlade. Trotz allem schlägt mein Herz aber für das Ving Tsun.
Kommen wir aber zur Ausgangsfrage zurück und überlegen uns: Was ist denn eigentlich der Unterschied zwischen den ganzen Kampfkünsten und Kampfsportarten, die es da draußen so gibt? Karate, Judo, Kickboxen… und Krav Maga ist ohnehin in aller Munde. Alles schon mal gehört, vielleicht auch schon mal einen Selbstverteidigungskurs besucht. Aber die genauen Unterschiede sind dem Großteil nicht bekannt. Bringen wir also etwas Licht ins Dunkel.
Kung Fu oder Wu Shu?
Die meisten verbinden heutzutage wahrscheinlich den Fernen Osten mit Kampfkünsten und damit wiederum den Begriff des Kung Fu. Dabei beschreibt es ursprünglich etwas, das mit harter Arbeit, Fleiß und Disziplin erreicht wurde. Kung Fu führt zu Meisterschaft sowie Geschick in einem bestimmten Bereich. Im Alltagsgebrauch steht Kung Fu heute eher als Sammelbegriff für verschiedene Kampfkünste. Das Ving Tsun zählt neben ca. 450 weiteren Kung Fu Stilen dazu. Der eigentlich richtige Begriff, den wir nutzen sollten, lautet Wu Shu. Wu Shu ist kein Stil, wie oft fälschlicherweise angenommen, sondern bedeutet übersetzt so viel wie Kriegskünste und ist in China der Sammelbegriff für alle Kampfkünste.
Aber nicht alle Stile stammen ursprünglich aus China. Woher die „erste“ Kampfkunst kam, oder ob sich nicht doch eher mehrere parallel entwickelt haben, darüber dürfen sich gerne andere streiten. Sicher ist nur, dass nicht nur in China, sondern auch in Korea, Indien, Europa und auch in Japan eine vielfältige Kultur der Kampfkünste entstand. Zu den bekannteren japanischen Stilen zählen z.B. Karate oder Judo. Krav Maga ist ein im Vergleich eher jüngeres System aus dem israelischen Raum. Kalarippayat kommt aus Indien, Taekwondo kommt aus Korea und Jeet Kune Do wiederum ist eine von Bruce Lee entwickelte Kampfkunst: entwickelt aus Elementen verschiedener anderer Stile, darunter östliche und westliche Kampfkünste wie Ving Tsun, Boxen, Taekwondo oder auch Fechten. Mittlerweile haben sich aus den alten traditionellen Stilen zusätzlich unzählige neue entwickelt. So entstand das Brazilian Jiu-Jitsu aus einem Judo-Stil. Es findet zudem eine große Durchmischung der einzelnen Kampfkünste und Kampfsportarten statt. Dadurch entstand das mittlerweile sehr bekannte MMA – Mixed Martial Arts.
Sport oder Kunst?
Man sieht also, die Welt der Kampfkünste ist vielfältig und findet sich auf allen Kontinenten wieder. Was davon nun am besten geeignet ist, muss jede/r für sich selbst herausfinden. Auch die Frage „Kampfsport oder Kampfkunst?“ wird oft gestellt.
Man sagt, dass der Kampfsport nicht immer realistisch sei, sondern wettkampforientiert. Und dadurch auch reglementiert. Stiche zum Auge sind beispielsweise verboten. Die Kampfkunst behauptet meist von sich, mehr Realismus in sich zu tragen und nicht durch ein Regelwerk beschnitten zu sein. Meiner Meinung nach lässt sich das nicht so einfach trennen. Wer einmal vor einem westlichen Boxer stand, weiß, was ich meine.
Leider gibt es auch hier viele Trittbrettfahrer, die sich also sogenannte Meister oder Großmeister ausgeben. Tatsächlich lehren sie aber etwas, das entweder auf ihrem eigenen Mist gewachsen oder eine Mischung aus unterschiedlichen Stilen ist, die sie selbst nur wenige Monate von unbekannten Meistern gelernt haben, die keiner kennt. Dem Laien ist es oft unmöglich zu erkennen, ob ein Stil authentisch ist oder nicht. Selbst die Profis haben da oft Schwierigkeiten.
Was haben alle Kampfkunstarten gemeinsam?
Ich denke, dass Timing und Distanz in allen eine zentrale Rolle spielen. Zudem wollen sie erreichen, dass der Gegner kampfunfähig gemacht und man selbst möglichst nicht verletzt wird.
Ob man das mit Ving Tsun oder mit Karate erreicht, ist die persönliche Entscheidung, die jede/r nach der persönlichen Vorliebe und mit vielen anderen Faktoren zusammen trifft.
Warum sollte man bei mir Ving Tsun lernen? Die Antwort ist simpel: Jeder Mensch, der sich bei uns wohlfühlt, weil ihm das Training Spaß macht, er sich mit den Mittrainierenden gut versteht und mit den LehrerInnen und AssistentInnen klar kommt, ist herzlich willkommen.
Ist Ving Tsun die beste Kampfkunst? Für mich persönlich, ja! Alle anderen sollten es auf jeden Fall einmal ausprobieren, bevor sie entscheiden, ob das auch für sie zutrifft.
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